Tuesday, May 23, 2006

Kind Of Blue (Miles Davis)

„Kind Of Blue“ von Miles Davis ist ein Mythos der in die Geschichte des Jazz und der ganzen Musikgeschichte eingegangen ist. Es ist die Geschichte der meistverkauften, schönsten und einflussreichsten Jazz-Platte aller Zeiten.


Kind Of Blue leitete eine neue Zeit in der Geschichte des Jazz ein, den „Modalen Jazz“, der sich vom Swing über den Bebop entwickelte. Die Besonderheit dabei war, dass der Modale Jazz sehr viel schlichter war als das Übliche in der Jazzmusik. Es gab nicht mehr stetige Akkordwechsel, die in der Regel mindestens einmal pro Satz auftauchten, sondern es wurden bestimmt Akkorde oft über mehrere Takte gespielt, ohne dabei diesen Akkord zu wechseln. Ein bestes Beispiel hierfür ist das auf Kind Of Blue enthaltene Stück „So What“, das aus einem Akkordschema von Dm7 in den ersten 16 Takten, dann Eb7 in den nächsten 8 Takten und zum Schluss wieder Dm7 in den letzten 8 Takten des Chorus.


Doch was macht dieses Album so einzigartig und wie entstand jene legendäre Session im Frühjahr des Jahres 1959 in New York City eigentlich?

Bleibt zuerst etwas zu den Musikern zu sagen, die dieses Werk schufen, allen voran Miles Davis, der Kopf dieser einzigartigen Gruppe von Jazz-Musikern, wie es sie vielleicht nie wieder gegeben hat.

Miles Davis wurde am 26. Mai 1926 in St. Louis, USA geboren, einer sehr Jazz- und Bluesorientierten Stadt. Als ein Verwandter aus der Familie ihm in jungen Jahren eine veraltete Trompete schenkte kam er das erste Mal mit Musik in Berührung. Schnell entwickelte er eine besondere Liebe zur Jazzmusik und war von zeitgenössigen Musikern wie Bird und Diz (Charlie Parker und Dizzy Gillespie) begeistert. Doch erst sein Umzug nach New York, um an der Joulliard School of Music zu studieren brachte ihn ins Rampenlicht in der Jazzszene von New York City.
In Wirklichkeit jedoch verbrachte Miles seine meiste Zeit in New Yorker Nachclubs in der Nähe von Charlie Parker um sich hier ins Getümmel des Jazz zu werfen.

Obwohl er am Anfang noch ziemlich schwerfällig lernte die Trompete perfektioniert zu spielen entwickelte er, nachdem er viel von Parker gelernt hatte, mehr und mehr seinen eigenen Stil, der ihn später so einzigartig machen sollte. Dieser bestand nämlich aus einem ziemlich schlichten Spielens des mittleren Registers auf der Trompete, anders als wie zum Beispiel der Trompeter Gillespie, der bekannt für sein Spiel in den besonders hohen Registern war.

Zurückgeworfen wurde Miles jedoch Anfang der Fünfziger Jahre durch seine anfangende Drogensucht. Es begann eine Zeit, in der Davis schwer unter Depressionen litt, die durch den dauernden Mangel von Geld und die Schwierigkeit ohne eine feste Band genug Jobs zu finden, um seine Familie ernähren zu können, gezeichnet war und auch damit zu tun hatte, dass Davis als schwarzer Musiker weniger Jobs bekam als weiße Musiker.

Erst vier Jahre später schaffte es Miles endlich seine Drogensucht zu überwinden, indem er einen "cold turkey" machte und damit die Sucht hinter sich zu lassen und fand nun endlich eine feste Formation, die ihm wieder die Grundlage zum Leben sicherte. Im Jahre 1956 kostete ihn dann eine Kehlkopfoperation seine Stimme, weil er sich kurz danach lauthals mit einem Clubbesitzer um die Gage gestritten hatte und damit seine Stimme zugrunde ging. Daher kann man noch heute auf den Originalbändern zu "Kind Of Blue" Davis an seiner brüchigen, flüsternden Stimme erkennen.

Diese Band, sein erstes legendäres Quintett, das Mitte des Fünfziger Jahre entstand, bestand aus dem Tenorsaxophonist John Coltrane, dem Pianisten Red Garland, dem Bassisten Paul Chambers und dem Drummer Philly Joe Jones. Später erweiterte Davis die Band noch um den Altsaxophonisten Cannonball Adderley und ersetzte Garland und Jones für den Pianisten Bill Evans und den Drummer Jimmy Cobb, nachdem die beiden durch ihren Drogenmissbrauch in jener zeit und durch ständige Unpünktlichkeit immer wieder negativ auffielen. Auch John Coltrane kostete seine Drogensucht kurzzeitig den Platz in Davis’ Band, doch er kehrte im Jahre 1958 zurück zur Band, nachdem er seine langjährige Drogensucht endlich überwunden hatte.

Im Frühjahr 1959 schritt dann Miles Davis mit Riesenschritten in eine neue Ära der Jazzmusik. Zusammen mit dem Pianisten Bill Evans arbeitete er die fünf auf der Platte enthaltenen Stücke aus, die alle nur spärlich notiert waren und am Anfang noch nicht einmal einen Namen trugen. Vieles entstand erst an den beiden Aufnahmetagen durch das improvisielle Talent der Musiker. Obwohl Evans sichtlichen Anteil an einigen Kompositionen des Albums trägt wurde sein Namen jedoch nicht auf dem Cover erwähnt, etwas worüber er sich noch Jahre später ärgerte.

Die erste Session fand an jenem 2. Mai des Jahres 1959 statt, die zweite Session etwa einen Monat später am 22. April des gleichen Jahres. Beide Aufnahmen wurden von der Plattenfirma Columbia Records, einer sehr einflussreichen Plattenfirma in der Sparte Jazz zu jener Zeit, in ihrem Studio an der 30th Street in New York City aufgenommen und erschienen am 17. August 1959 in den Plattenläden. Die Platte war von Anfang an ein Erfolg für Miles Davis und erwies sich als Goldesel für Columbia Records.

Die Platte enthielt zusammengefasst folgende Titel: „So What“, „Freddie Freeoader“, „Blue In Green“, „All Blues“ und „Flamenco Sketches“, dem einzigen Titel, von dem es außer der auf dem Album herausgebrachten Version noch ein „Alternate Take“ gibt.



Hier die Zusammenfassung der Titel:


„So What“

"So What ist eine einfache Figur, die auf 16 Takten in einer Skala, 8 in einer anderen und noch mal 8 in der ersten beruht und an eine Einleitung durch Klavier und Bass in freiem rhythmischen Stil anschließt."

Mit dem Album Kind Of Blue wird automatisch auch immer So What zitiert, dass als das eigentliche Titelstück gilt, obwohl es das gar nicht auf dieses Platte zu geben scheint. Der Titel ist aus einem Wortlaut abgeleitet, den Miles Davis oft benutze. Er sagte zu allem, was ihn nicht sonderlich interessierte „So What“. Wie alle Titel des Albums entstand der Name des Stückes jedoch erst viel später, als das Album schon bereits aufgenommen war.


„Freddie Freeloader“

"Freddie Freeloader ist eine 12-taktige Bluesform, die die wirkungsvolle Schlichtheit der melodischen und rhythmischen Gestaltung neuen Charakter verleiht."

Das Lied ist nach einem Barkeeper aus Philadelphia namens Fred Tolbert benannt, der ein guter Freund von Miles Davis war. Er war bei vielen Auftritten von Davis dabei und war ein großer Fan des Trompeters. Da keine Namen für die Stücke des Albums existierten widmete Davis dieses Stück seinem alten Freund Tolbert.

Freddie Freeloader war zudem das erste Stück, das an diesen beiden Aufnahmesitzungen gemacht wurde. Da es bekannt ist, dass Jazzmusiker sich öfters mal mit einem sehr leichten und schlichten Blues warm spielen eignete sich Freeloader perfekt hierfür. Hier spielt das einzige Mal nicht Bill Evans am Klavier, sondern wird durch Wynton Kelly ersetzt.


„Blue In Green“

"Blue In Green ist eine 10-taktige wiederholte Form, die auf ein 4-taktige Einleitung folgt und von den Solisten mit unterschiedlich gedehnten und verkürzten Notenwerten gespielt werden kann."

An Blue In Green streiten sich die Gemächer noch heute, wer denn nun der wirkliche Komponist des Stückes ist. Im Albumcover ist natürlich nur Miles Davis als Komponist aufgelistet, doch es scheint offenbar zu sein, dass ein großer Teil von Evans’ Ideen in dieses Stück flossen. Wie dem auch sei ist Blue In Green eines der wenigen Stücke (neben Freddie Freeloader), das eine ungefähre Struktur aufweißt, wie sie es im Jazz zuvor bekannt war: einer Ballade. Blue In Green ist sicherlich eines der schönsten Stücke des Albums und wurde auch oftmals von anderen Musikern (allen voran Bill Evans) neu aufgenommen oder gecovert.


„All Blues“

"All Blues ist eine 12-taktige Bluesform im 6/8-Takt, die ihre Stimmung aus wenigen Moduswechseln und Miles Davis’ freiem melodischem Konzept bezieht."

All Blues ist eines der schwersten zu spielenden Stücke auf Kind Of Blue. Die Band um Miles Davis brauchte mehrere Anläufe um diese Hürde zu schaffen, denn durch den 6/8-Takt, der auch als 3/4 -Takt zu interpretieren ist, macht aus dem eigentlich „normalen“ Bluesschema ein völlig neues Stück. Davis entschied sich erst kurz vor der Aufnahme es aus dem 4/4 umzuschreiben, was dem Stück seine Einzigartigkeit gab. Es ist definitiv eines der meist interpretierten Stücke des Albums.


„Flamenco Sketches“

"Flamenco Sketches besteht aus einer Serie von fünf Skalen, die jeweils so lange gespielt werden, wie der Solist es wünscht und bis die Serie komplett ist."

Flamenco Sketches ist das einige Stück auf Kind in Blue, das neben der originalen Albumfassung auch noch einen „Alternate Take“ besitzt. Es ist eines der weniger bekannten Stücke, das, anders als die restlichen Stücke, nicht zu den „Jazz Standards“ gehört und auch eher wenig neu aufgenommen wurde.

Entstanden ist Flamenco Sketches wie alle anderen Stücke auch auf eine sehr skurrile Weise. Davis schrieb die fünf Skalen zusammen mit Evans erst ein paar Stunden vor der Aufnahme auf ein kleines Stück Servierten. Auch später hatten die Musiker nicht mehr als fünf verschieden Skalen auf ihren Notenblättern stehen, aus denen sie dann dieses Stück zauberten.



Die Entstehung dieses Meisterwerks fasziniert daher noch heute Millionen Menschen auf der ganzen Welt, was sich am stetig steigenden Verkaufserfolg von Kind Of Blue widerspiegelt. Seit 1959 sind die Verkaufszahlen des Albums in den Vereinigten Staaten in unglaublicher Weise gestiegen. Bis 1962 wurden rund 87.000 Exemplare verkauft, bis 1984, als CDs eingefügt wurden, waren es bereits 420.000 verkaufte Platten und Ende 1986 schon 445.000. Der endgültige Durchbruch erfolgte jedoch erst in den letzten Jahren, nachdem Kind Of Blue im August 1993 endlich die Goldene Schallplatte erhielt (für 500.000 verkaufte Exemplare) und darauf folgend vier Jahre später die Platin-Schallplatte (für 1 Million verkaufte Exemplare). Man geht mit Sicherheit davon aus, dass bereits zur Jahrtausendwende die 5 Millionen-Grenze überschritten wurde und der Trend hält weiterhin an.

Kind Of Blue ist daher also sehr erkennbar zeitlos geblieben. Es machte Miles Davis fortan zu einem der berühmtesten Jazzmusiker, die es je gab und es ist bis heute eine Faszination, die immer neue Menschen noch in ihren Bann zieht, auch über 40 Jahre nach seiner Entstehung.






Weitere Informationen zu „Kind Of Blue“: Hier
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2 Comments:

Anonymous Anonymous said...

Yes, but what has poker to do with a page about jazz music??

8:07 PM  
Blogger Mo Mueller said...

Nothing :-)

1:12 PM  

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